Sonntag, 29. Juni 2014

Die TRAURIGkeit


Trauern, Traurig sein, Trauer tragen, Betrauern … 

Warum klettert dieses Gefühl immer wieder in mich hinein? Ohne Vorwarnung, ohne Anklopfen - Zack ist es da, sagt nicht einmal "Hallo" … wie eine Wolke sich über die Sonne schiebt, so schiebt sich dieses Trauern in das Herz und schlägt dort Kapriolen. 
Gestern noch habe ich schallend gelacht, mit meinen Freundinnen gesessen, wir haben uns gar köstlichst amüsiert, als wären wir inmitten der Pubertät. Und dann verdunkelte sich der Horizont und es bagann zu regnen. - Und ich trug meine Trauer. Ich ertrug meine Trauer ? Ich wurde ihr bewusst, ich sah sie mir an, doch konnte ich den Ursprung nicht finden. Das: Warum ? 
Es gibt keinen "Grund" - keinen für mich  "sichtbaren". 

Rainer M. Rilke beschreibt meinen Zustand des Traurig seins vortrefflich in seinen Briefen an einen jungen Dichter : 

" … Da dürfen Sie, lieber Herr Kappus, nicht erschrecken, wenn eine Traurigkeit vor Ihnen sich aufhebt, so groß, wie Sie noch keine gesehen haben; wenn eine Unruhe, wie Licht und Wolkenschatten, über Ihre Hände geht und über all Ihr Tun. Sie müssen denken, dass etwas an Ihnen geschieht, dass das Leben Sie nicht vergessen hat, dass es Sie in der Hand hält; es wird Sie nicht fallen lassen. Warum wollen Sie irgendeine Schwermut von Ihrem Leben ausschließen, da Sie doch nicht wissen, was diese Zustände an Ihnen arbeiten? Warum wollen Sie sich mit der Frage verfolgen, woher das alles kommen mag und wohin es will? Da Sie doch wissen, dass Sie in den Übergängen sind, und nichts so sehr wünschten, als sich zu verwandeln." 

Verwandeln ? Verwandeln - ein Wandel ? 

"Traurig sein ist wohl etwas Natürliches.
Es ist wohl ein Atemholen zur Freude,
ein Vorbereiten der Seele dazu. "
- Paula Mendersohn - Becker 

Ja, ich weiss. 
Mein Kopf sagt mir: Die Freude ist gleich da, gleich um die Ecke. 
Und ich hole tief Luft. 
Einmal, Zweimal, … Öfter als Mehrmals. 
Denn die Verwandlung wartet schon auf mich. 
Und ich, mich im Übergang befindlich, nehme Abschied von dem was ich Jetzt bin, 
und da darf die Traurigkeit sein. 
Denn das, was ich Jetzt bin, werde ich nie wieder sein.  
Und die Traurigkeit darf sich zurückziehen. 
Bis zum Nächsten Mal, wenn der nächste Turnus der Verwandlung ist gekommen. 



Montag, 9. Juni 2014

Die HerausFORDERung Berg

Ich liebe

die Berge. 

Obwohl ich nicht in den Bergen geboren bin, aber die "frühkindliche" Prägung hatte ich mit den Bergen. Im Allgäu aufgewachsen und immer irgendwie in der Berglandschaft unterwegs.
Mein Eltern liebten und lieben die Natur wie ich, und ich stelle mehr und mehr fast, dass mich die Begegnung in der Natur bereichert - tobt ein Sturm in mir,  kann ich auf dem Weg in das Auge des Orkans gehen und geniesse dort die Stille.

So auch wieder auf meiner kürzlichen Wanderung:
Ich bin mit meiner Freundin, die auch begeisterte Bergliebhaberin ist losgezogen.
Frisch, fröhlich und voller Vorfreude den Gipfel zu erklimmen.
Es war ein heisser Tag, eigentlich einer dieser Tage, an dem man sich faul an einen See legt, vielleicht auch mit einem guten Buch. Ab und an seinen erhitzen Körper in das eiskalte Nass tunkt um sich dann wieder den Zeilen zu widmen und in die Geschichte abzutauchen.
Aber wir wollten das Abenteuer an diesem heissen Tag in den Bergen suchen.
Wir hatten uns die Wolfsschlucht ausgesucht. Ein Weg von angezeigten 5 einhalb Stunden. Über den Schildenstein, den wir erklimmen wollten.
Dort oben rasten, den Blick geniessen, die Bergdolen bei ihrem Spiel mit der Thermik beobachten, um danach den Abstieg anzutreten.
So war der Plan. Und die Betonung liegt mal wieder auf:  So WAR der Plan.
Die erste aufregende Etappe war die Wolfsschlucht mit ihrem wunderbaren Wasserfall und wir stürzten uns in den eiskalten Gumpen. Und der war wirklich eiskalt !
Ich habe es da nicht sehr lange ausgehalten, aber ich bin komplett eingetaucht !

Nach einer ausgelassenen Aufwärmphase in der Sonne, wanderten wir mit voller Kraft und Elan weiter. Hier und da blieben wir stehen und erfreuten uns am An - und Ausblick der Natur.
Es ist für mich immer wieder Wundervoll zu erleben, wie der Weg sich nach oben schlängelt, ich jeden Ausblick geniesse und mich freier fühle. …
Auf einem Felsvorsprung machten wir gegenseitig ausgelassene Fotos von uns.
Wir lachten und blödelten herum. Es überholten uns an diesem Punkt auch Wanderer, die wir später wieder treffen sollten. Irgednwie ist es in den Bergen und unter den Wanderen familiär. Man begrüßt sich lächelnd mit "Servus" und hält einen kleinen Ratsch…
Aber es ist immer noch der Berg, der die Macht hat.
Durch unsere Unachtsamkeit und Ausgelassenheit haben wir unbemerkt eine Abzweigung falsch interpretiert. Wir wanderten weiter, und es wurde recht anstrengend. Ich meinte noch: "Haha, komisch, wo ist den hier das Seil? Da muss man ja richtig gut klettern können. Aber das können wir ja!"
Und wir kletterten ohne Seil in den Berg, höher und höher und höher und höher …
Eine schwierige Stelle erklommen und auf einem Plateau stehend, völlig fertig lächtelte ich meine Freundin an und sie lachte zurück: " Du schaust aus!"
Irgendwann wurde es meiner Freundin komisch und sie hielt an: " Ich glaube wir sind hier falsch…"
Ok, dachte ich mir. Und jetzt?
Sie kam mit dem Vorschlag sie gehe zurück, ein Stück, und würde mal nach dem Weg ausschau halten … Ja, das tat sie dann auch.
Ich hing da immer noch im Hang. Wie gesagt, ohne Seil, ohne Sicherung.
Dann rief sie von unten herauf, dass sie den Weg und Menschen, die da unten wandern sehen könne. Wir seien hier falsch … Hm, dachte ich mir. Und jetzt ?
Es gibt da immer ein paar Möglichkeiten. Ich zählte 3 :
Herauf, wobei diese Option ist schwierig, wenn wir oben sind, wo sind wir dann? Gibt es einen Weg dahin, wohin wir wollten, oder hängen wir dann irgendwo oben?
Oder wir gehen den Weg zurück. Wobei diese Option, da kamen mir schon Zweifel. Der Weg rauf war schon nicht "lustig", aber zurück?
Mein Kopf fing schon an, an einer dritten Möglichkeit zu zimmern: "Rettungshubschrauber."
Wobei, ich mir dann überlegte:  "Geh, bitte Lucie ! Wo soll der den landen?" Und dann: "Wer bezahlt das ? Und überhaupt, … diese Geschichte im Radio !?  …"
Mein Kopf malte vor mir schon jegliches Horroszenario aus … und ich bei alle dem schon am Abstieg, abwechsend singend, fluchend, und mir selbst motivierende Worte zurufen: "Du schaffst das! Du bist hier raufgekommen, Du kommst hier auch wieder runter !"
Und wie ich so kletter und versuche nicht auf meine Kopfstimmen zu hören, bleibe ich mit meinem Stock, der mir da mehr hinderlich als behilflich war im Geäst der Kiefern hängen. Er, wie bei Pfeil und Bogen setzt sich in Bewegung, spannt sich und Tschuuuuung Dong mir voll an meinen Schädel!
Na, danke ! Ich habe mich einen Moment geschüttelt, und geschaut, wie es meinem Kopf und mir so geht. Schwindlig ? Nö, geht schon. Also, dann weiter. Und ich hangelte mich tapfer an den Kiefern, die ich zu meinen Seilen auserkoren hatte ab.
Für alle Ungebübten und Geübten: Dies bitte NICHT nachmachen !!!
Das hätte auch ganz gut schief gehen können, vor allem, ich habe mich gerade an einem Ast eingehalten und hing daran, bewegte meine Füße eine gute Stelle suchend, als der Ast brach, ich anfing zu rutschen, da ich ja noch keine gute Stelle gefunden hatte ! Und ich rutschte, und rutschte, …  "zum Glück biste so dehnbar", dachte ich noch, und faste Mut und griff nach einem anderen Kiefernast, der stabil genug war und mich rutschendes, dehnbares, zerschürftes, verschwitzes, Herzklopfendes, blutendes Etwas aufhielt.
In diesem Moment schoss es durch meine Gedanken : "Ihr wunderbaren Kiefern ! DANKE !"
Ich liebe Kiefern schon lange, wenn sie in der Sonne stehen, dieser Duft! Und die Kiefernzapfen sich öffnen, das ist ein ganz besonderes Geräusch …
Und endlich waren wir dann auch wieder auf dem gekennzeichneten Weg!
Aber dieser Umweg hat uns jede Menge Kraft gekostet.
So wanderten wir in der Stille weiter und beschlossen den Schildensteingipfel für diesen Tag nicht zu erklimmen.
Der Abstieg war dann auch nicht ohne. Trotzdem, dass wir beide unserer Stöcke auspackten und sie auch benutzen, ging das in die eh schon geschundenen Oberschenkel.
Die Sonne stand schon tief, wir begegneten den Wanderen wieder, denen wir auf dem Aufstieg begegnet sind, grüßten,  erzählten uns gegenseitig ein paar Anekdoten, wir natürlich unserer Geschichte mit dem "Verklettern" wie wir es nannten, die anderen Wanderer hatten auch ein paar Geschichten in Petto.
Müde, aber unglaublich glücklich, gelangten wir an unseren Ausgangspunkt.
Meine Beine und  Füße waren weich wie Butter, und zum Auto laufend meinte ich zu meiner Freundin: "Du, ich glaube, wir sollten Klettern gehen ! So mit Seil und Absicherung…"
Das wird meine nächste Herausforderung: Klettern 












Mittwoch, 4. Juni 2014

Die Milch - oder wie aus dem Milchkannerl das TatraPack wurde …

… und es heisst DAS Tetrapack.      

Als wir damals 1973 in Kempten im Allgäu wohnten, am Stadtrand in Sankt Mang, da hat mir meine Mutter an bestimmten Tagen eine Milchkanne in die Hand gedrückt und Pfennige und ich bin losmarschiert.
Na, wahrscheinlich eher losgetrödelt, um irgendwann an diesem Tag noch beim Bauern anzukommen und meine Milchkanne auffüllen zu lassen. Dann habe ich bezahlt, um dann den Heimweg zurückzutrödeln.

Ich habe wohl die ganze Zeit meine erst leere Milchkanne geschwenkt und vor mich hingesungen. Das habe ich öfter getan, um eine Stimme zu hören, damit ich mich nicht so allein fühlte. ( Und das mach ich manchmal auch heute noch) Hoffentlich nicht so wild auf dem nach Hause Weg schwenkend, aber bestimmt energischer singend. Ich war in der Natur unterwegs, und habe alles mögliche bewundert, egal ob Schmetterling, ob Raupe, eine Schnecke, die, wenn ich sie mit dem Fuß leicht anstupste sich in ihr praktisches Schneckenhaus zurückziehen konnte. Wie ich damals fand, ziemlich schnell für eine Schnecke. Nicht gerade kommunikativ.
Ich schlenderte weiter um alsbald wieder etwas spannendes zu entdecken …
Irgendwann kam ich dann mit meiner vollen Milchkanne zu Hause an.
Wahrscheinlich mit roten Backen und voller Geschichten, die ich unbedingt ausgeschmückt sofort alle loswerden wollte! Ich hätte ja Angst gehabt, diese Geschichten würden in mir stecken bleiben.
Die ganzen Geschichten würden sich ausbreiten wollen und ich würde dann platzen, könnte ich sie nicht frei lassen und erzählen ! … ich hatte damals schon eine SEHR lebhafte Fantasie.
Wie die frische Milch geschmeckt hat, daran konnte ich mich lange Zeit nicht erinnern.
Aber, als ich mit meiner damals 3 Jährigen Tochter im Naturkostladen eine frische Flasche Milch gekauft habe, und wir fröhlich feststellten, dass in der Flasche noch der Rahm oben aufschwimmt, wir diesen vorsichtig abschöpften und ihn genüsslich vom Löffel schleckten, - da war alles wieder da - der Geruch, der Geschmack. - Und alle Bilder kamen wieder. Auch die roten Backen.
Und heute, mit der Milch im Tetrapack ? In DAS Tetrapack ?
Keine Geschichten, keine Gerüche, keine Schnecken … aber SEHR viel Müll.
Vielleicht sollte ich wieder die Milch Flaschen kaufen gehen, und nicht schütteln ! - zu Hause dann erst einmal den Rahm abschöpfen … und lächeln ….